„Eine Frage, Herr Fischer...“: So heißt die Videoclip-Serie, in der Iván Fischer als Chef des Konzerthausorchesters Berlin vergnüglich und erhellend aus dem dirigentischen Nähkästchen plaudert. Interessant wäre etwa, ob und wie es seiner Ansicht nach die Interpretation von Werken beeinflusst, ob sie vor oder nach der Konzertpause erklingen. Am Donnerstag gastierte Fischer nämlich auf Einladung der Jeunesse mit seinem famosen Budapester Festivalorchester im Musikverein, und zwar mit einem gewichtigen Programm: den Symphonien Nr. 1 und 2 von Brahms.
Das musikalische Niveau war hoch – und bei der Zugabe mutierten die Ungarn sogar noch zum A-cappella-Chor. Fischer hat präzise Vorstellungen, die oft vom Durchschnitt abweichen, aber ganz natürlich ausmusiziert werden können: Schon im Stirnsatz der c-Moll-Symphonie schärfte er die Tempokontraste und setzte die Einleitung überdeutlich breit vom rasch genommenen Allegro ab. Seine klug gliedernde Dramaturgie erlaubte dennoch kein Schleppen und ließ auch noch wunderbare Details hören. Herrlich, wie die samtigen, groß besetzten Streicher „Dolce“-Vorschriften mit winzigen Portamenti umsetzten, zu welch dramatisch flirrendem Hin und Her die Violingruppen einander in der düsteren Finaleinleitung ergänzten, wie nobel der Posaunenchoral erstrahlte, zu dem das Kontrafagott sanft, aber sonor den Bass mitbrummte! Und die Temposteigerung zur Stretta hin gelang exemplarisch.